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Nachhall oder Raumkante?

"Nachhall" muss neu bewertet werden

Zum einen: Die Raumkante beeinflusst die Akustik eines Raumes durch Störungen maßgeblich – und stärker als etwa der Nachhall. Zum anderen: Die Raumkante beeinflusst nicht nur, sondern je kleiner ein Raum ist, dominiert sogar die Akustik in einem Raum

Bei Messungen hingegen werden – bisher, unter dem Oberbegriff des „Nachhalls“ und aus technischen Gründen – solche Störungen der Raumkanten mit dem wirklichen Nachhall „in einen Topf geworfen“.

Kurze Nachhallzeiten gelten als DAS zentrale Kriterium, um für eine „gute Hörsamkeit“ zu sorgen. Diese schlichte Regel wird bemerkenswert selten und wenig engagiert in Frage gestellt, während zugleich in der Akustikbranche seit Langem bekannt ist: „Eine kurze Nachhallzeit bedeutet noch lange nicht, dass in einem Raum auch eine gute Sprachverständlichkeit herrscht.“

Die Aufgabenstellung an die Forschung ist es also, die Akustik eines Raumes über andere Daten zu beleuchten, als über die Nachhallzeit… Da aber die Physik bisher keine tragfähigen Analysen anbietet, kann man sich einer sinnvollen Betrachtung nur auf Umwegen nähern.

Im „Prüfbericht mit Begutachtung“ der SG-Bauakustik (Institut für schalltechnische Produktoptimierung; Mülheim/Ruhr) ist nicht nur die Rede von „ausgezeichneten STI-Beurteilungsergebnissen“ (Sprachverständlichkeitsindex). Sondern dort tauchen auch Messungen zum Ablenkungsabstand auf – einem Kriterium, mit dem man in Großraumbüros, nicht aber in Kommunikationsräumen arbeitet.

Da jedoch der Nachhall im geprüften Raum etwa doppelt so lang ist, wie DIN 18041 einfordert, die Klarheit von Sprache hingegen als EXTREM gut auffällt, kann das Kriterum der Norm (DIN 18041) keinen Hinweis anbieten, dass und weshalb man sich mithilfe des ReFlx®-Systems sprachlich so gut austauschen kann.

das ReFlx®-System in Raum 1002 der Gesamtschule Waltrop

Aber ebenso wie die Impulsmessungen – auf die ich später noch kurz eingehen möchte – soll auch der so genannte Ablenkungsabstand etwas Licht ins Dunkel bringen, wo die Nachhallzeiten keine Aussagekraft besitzen.

Impulsmessungen offenbaren die Hebung der hohen Frequenzen durch ReFlx-System

Ablenkungsabstand fällt absurd aus dem Rahmen

Der ABLENKUNGSABSTAND beschreibt, ab welchem Abstand zu einer sprechenden Person diese so klar klingt, dass man unwillkürlich aus der eigenen Arbeit und Konzentration herausgerissen, nämlich „abgelenkt“ wird. In Abständen oberhalb des sog. Ablenkungsabstandes liegen per Definition STI-Werte unterhalb von 0,5 vor. – Dieser Abstand beträgt für das ReFlx®-System im untersuchten Raum 49,6 m.

Der Wert macht deutlich, wie extrem klar die für die Sprachverständigung relevanten Frequenzanteile im Gesamtschallereignis enthalten sind. … worauf ich später noch einmal kurz eingehen möchte.

Berücksichtigt man nun auch noch, dass die STI-Werte in der größten und in der kleinsten Distanz am höchsten sind (ca. 2,5 m und ca. 7,5 m), während die Werte in der mittleren Distanz von ca. 4 bis 6 m zumindest in analytischen Zahlenwerten tendenziell geringer ausfallen, so wird deutlich, wie ausgewogen die Klarheit von Sprache im gesamten Raum durch das ReFlx®-System ist.

erst Impulsmessungen bringen Klarheit

Der Ablenkungsabstand lässt bereits erahnen, dass bei der Berechnung solcher Werte und Marken etwas nicht stimmen kann: Über eine solch große Distanz von runden 50 m würde die Luftdämpfung längst ihr Übriges tun, ehe dieser Abstand physisch erreicht wäre.

Erst die Impulsmessungen zeigen sehr deutlich, wie ab ca. 1.250 Hz – und bis hinauf zu 12.500 Hz – die Schalldruckpegel verstärkt und gleichsam wie auf einem Hochplateau weitestgehend konstant gehalten werden. Im Zusammenhang mit dem Gutachten klären nun die Resultate der Impulsmessungen auf, weshalb es zu einer so hohen Klarheit von Sprache kommt – obgleich die Nachhallzeiten nach Auffassung von DIN 18041 eine sehr schlechte Sprachverständlichkeit beweisen.

Schwächen in der Analyse

Wie bereits eingangs beschrieben, wird jedoch in Wahrheit gar nicht der eigentliche Nachhall gemessen – sondern das ABKLINGEN des GESAMTSCHALLEREIGNISSES im Raum.

Dennoch erhebt die Norm das Kriterium des Nachhalls zum Kern der Betrachtungen: „Im Sinne dieser Norm ist die frequenzabhängige Betrachtung der Nachhallzeit zwingend erforderlich„, so DIN 18041:2016-03 auf Seite 12 (Unterordnung 4.2.3 – „Anforderungen an die Nachhallzeit“).

der Nachhall im Kölner Wasserspeicher beträgt 26 Sekunden
Repro (Ausschnitt) vom Innencover der LP „Vor der Flut“ (Publikation 1985): Der Kölner Wasserspeicher, hier nach Sanierung und bei beginnender Flutung.

Blieben also die STI-Werte (speech transmission index), um Sprachverständlichkeit transparenter zu machen?

Bedingt. Denn auch in die Berechnung der STI-Werte fließt die so genannte Nachhallzeit mit ein. Ein langer Nachhall verschlechtert pauschal die STI-Werte.

Die Nachhallzeit wird durch die Entstörung der Raumkanten zwar abgeschwächt, bleibt aber – verglichen mit den Erwartungen der Norm – doch relativ lang. So ist auch die Aussagekraft der STI-Werte eingeschränkt und nicht eins-zu-eins vergleichbar mit Räumen, die nach Vorgaben der Norm bedämpft worden sind.

Was ist denn „Nachhall“?

Der Nachhall ist nur EIN Detail des Gesamtschallereignisses, das jedoch physikalisch bisher nicht explizit erfasst werden kann.

Nachhall im Kölner Wasserspeicher hebt die Obertöne

Ein sehr eindrucksvoller Nachhall hatte sich im unterirdisch angelegten Kölner Wasserspeicher „Severin“ gezeigt, als dieser 1984 zwecks Sanierungsarbeiten trockengelegt worden war. Die niedrige Deckenhöhe, die regelmäßigen Wandprofile und die eckigen Säulen (siehe obige Abbildung) lassen regelmäßige Rückwürfe zu – während im Gegensatz dazu runde Stützsäulen in Kirchenhallen zusätzlich für Diffusion sorgen.

R 1002 der Gesamtschule Waltrop mit dem ReFlx®-System

Die gegenwärtige Physik versucht bisweilen auch gern, den Effekt in den Raumkanten den so genannten „Raummoden“ zuzuordnen. Diese Phänomene sind zwar sehr wohl vorhanden – sind jedoch nicht identisch mit jenem störenden Einfluss der Raumkanten, sondern ein andersartiges und eigenständiges Phänomen, das auch anderen Gesetzmäßigkeiten unterworfen ist.

Das ReFlx®-System gleicht die Mängel und Unausgewogenheiten des Schalls im geschlossenen Raum aus: Das Störpotenzial der Raumkanten wird ausgeschaltet – und zugleich in ein und demselben System werden die oberen Mitten- und die hohen Frequenzen optimal verstärkt.