Rückwandecho – Fatamorgana und Dämon

Rückwand; unbehandelt, eines Klassenraumes VOR einer akustischen Maßnahme

Ich möchte über das Rückwandecho sprechen. Denn das Rückwandecho wird gerade im Zusammenhang mit der Schwerhörigkeit engagiert verteufelt. Zu Unrecht.

Die Norm verRÄT sich…

„Da bei Räumen mit einem Volumen bis ca. 250 m³ keine Gefahr zur akustischen Überdämpfung besteht, kann hier eine vollflächig schallabsorbierende Decke in Kombination mit einer ebenfalls schallabsorbierenden Rückwand eingesetzt werden“ – so lautet es in DIN 18041 (Ausgabe :2016-03, dort Seite 19).

Und: FALSCH !

„Eine stehende Lehrerin und die vorne sitzenden Schüler/innen hören bei horizontaler Schallausbreitung über die Köpfe der anderen Schüler/innen hinweg ein Rückwandecho mit einer Zeitverzögerung von fast 50 ms“, so liest man es im „DSB-refeRATgeber 6“ (Deutscher Schwerhörigenbund). Wird nicht erläutert – und soll einfach plausibel klingen.

… und Schwerhörige sind verRATEN

Aber was passiert dort wirklich?

Das Rückwandecho ist das Resultat einer Modellvorstellung. Die geometrische Akustik macht’s möglich. Die geometrische Akustik bildet hier aber die realen Verhältnisse der SchallENERGIE nicht ab. Und so wird aus einer Mücke der berüchtigte Elefant…

Angenommen, eine Lehrerin spricht nicht – wie gemutmaßt – leiser, weil ihr das Rückwand-Echo vorgaukele, sie spreche ja laut genug. Angenommen, sie spricht mit 65 dB also schon in angehobener Sprechweise. Nehmen wir 66 dB, weil es „schönere“ Zahlen ergibt:

Rückwandecho – Irrtum oder Blöff?

Eine Schülerin oder ein Schüler in der letzten Reihe oder an einer hinten angeordneten Tischgruppe bekommt noch 48 dB des Direktschalls ab, kann also von der Addition der Schallenergie durch ein Rückwand-Echo unbedingt profitieren, weil es kaum abgeschwächt ist gegenüber dem Direktschall. Durch diese Verdopplung werden es knapp 51 dB.

Wenn jetzt noch die Decke schallhart ist, so profitieren die hinten Sitzenden von der Schallspiegelung an der Decke noch einmal als dritter Schallquelle. Insgesamt ergäben sich etwas über 52 dB.

zwei Skizzen, die verdeutlichen, welche Abnahme des Schallpegels bzgl. des Rückwandechos tatsächlich vorliegt
Rückwandecho: ein Gedankenexperiment der geometrischen Akustik – und Fake

Verstärkt man nun noch einmal durch Installation des ReFlx®-Systems um eine weitere Reflexion des Sprachsignals, so ergäben sich mindestens 53 dB. „Mindestens“ setze ich, denn ReFlx® verstärkt die für Sprache relevanten höheren Frequenzen überproportional. Nun brauchten wir eigentlich eine frequenzabhängige Betrachtung des Schallpegels.

statt Rückwandecho: Störung durch Raumkanten

In der ersten Reihe kommen hingegen vom Rückwand-Echo nur noch ca. 42 dB an – ein Sprachsignal, das folglich um 18 dB schwächer ist als das originäre Sprachsignal der Lehrerin. Selbst wenn diese Signale gleichzeitig einträfen (was ja nicht der Fall ist), so ergäbe sich eine Signallautstärke von 66,017 statt 66 dB. Da die Signale zeitversetzt sind, fällt dieses „Echo“ praktisch als Störquelle gar nicht mehr ins Gewicht.

Beispiel einer Rückwand ohne Absorber – aber mit ReFlx®-System

Mittels Norm oder Ratgebern „berät“ man sie also dahingehend, mit hohem Aufwand und hohen Kosten etwas zu beseitigen, das zwar vorhanden, aber schwach wirksam ist.

Tatsächlich sind es auch hier die unbehandelten RAUMKANTEN, um die man sich kümmern sollte. – Ich persönlich spreche lieber umfassender vom „Kantenvolumen“. Das Kantenvolumen löst die Störung aus, die ohne eine plausible Erklärung der Rückwand zugeschrieben wird.

Im Allgemeinen nutzt „die Raumakustik“ das Rückwandecho, um damit umfängliche und überflüssige Bedämpfungen an den Rückwänden zu rechtfertigen, die sowohl unnütz Geld kosten, als auch sogar kontraproduktiv sind.